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Alle reden von Risikoanalyse nach ISO 9001 – was ist mit den Chancen?

Die ISO 9001 definiert, welche Ansprüche Qualitätsmanagementsysteme erfüllen müssen. Durch Erfüllung dieser Vorgaben können Unternehmen die Ansprüche ihrer Stakeholder befriedigen. Doch häufig wird der Inhalt der ISO 9001 einseitig interpretiert. Nur die Risiken stehen im Vordergrund, während die Chancen in den Hintergrund treten. Diese Wahrnehmung wird der Norm nicht gerecht.

Teil einer Normenfamilie

Die ISO 9001 ist Teil der Normenfamilie DIN EN ISO 9000 ff, die die einzelnen Normen DIN EN ISO 9000, 9001, 9004 und 19011 umfasst. Diese Normenfamilie bietet die Rahmenbedingungen dafür, ein wirksames Qualitätsmanagementsystem aufzubauen. ISO 9000 legt hierbei die Basis für erfolgreiche QM-Systeme dar und erklärt wesentliche Begriffe des Qualitätsmanagements. ISO 9001 hingegen konkretisiert die Anforderungen an ein wirksames QM-System. Die Norm ist umfassend und komplex, weil sie als Universalregel für jegliche Unternehmen ausgelegt ist, unabhängig von Größe, Betriebszweck und Branche. Doch hinter der Komplexität verbirgt sich ausgeklügeltes, intelligentes und zielführendes Managementsystem.

Zielführendes Managementsystem

Für einen Überblick lässt sich die ISO 9001 in vier Felder unterteilen:

  • Anforderungen an die Planung des Unternehmens: Was soll realisiert werden?
  • Anforderungen an die Durchführung: Auf welche Art und Weise sollen Leistungen erbracht werden
  • Anforderungen an die Kontrolle: Wie soll gemessen werden, ob die Leistungen auch wirklich erbracht wurden?
  • Anforderungen an die Verbesserung: Auf welche Art und Weise wird sichergestellt, dass sich das Unternehmen permanent weiterentwickelt?

Ziele erreichen und Stakeholder beachten

Die Vorschriften der ISO 9001 sollen Unternehmen dabei helfen, sich den wichtigen Themen für das Erreichen der Ziele zuzuwenden, sie zu beobachten und zu analysieren. Wie stellt sich die allgemeine Wirtschaftslage derzeit dar? Welche neuen Technologien sind für den Erfolg des Unternehmens relevant? Was für gesetzliche Regelungen sind für die Firma zu beachten? All diese Fragen soll ein Unternehmen nach ISO 9001 fundiert beantworten können. Dabei sollte es auch immer die Interessen der Stakeholder des Unternehmens beachtet werden, da dessen Handeln auch immer Auswirkungen auf das Umfeld hat. Die Anliegen und Erwartungen von Mitarbeitern, Partnern, Lieferanten, Eigentümern, staatlichen Stellen und Kunden muss das Unternehmen verstehen und beachten.

Risikobewertung ist essenziell

Kernpunkt der ISO 9001 ist die Kundenorientierung. Nach der Norm sind alle Abläufe und Prozesse im Unternehmen so zu gestalten, dass die Anforderungen der Kunden erkannt und dauerhaft erfüllt werden. Die Unternehmen müssen permanent messen, in welchem Umfang sie die Ansprüche ihrer Kunden befriedigen. Allerdings schreibt die ISO 9001 nicht vor, welches Messverfahren hier zu verwenden ist. Ein Qualitätsmanagementsystem hat als eine der Kernaufgaben eine Frühwarnfunktion zu erfüllen, um Kundenzufriedenheit zu garantieren und Gefahren vom Unternehmen abzuwenden.

Das QMS muss vorausschauend und vorbeugend agieren, das ist eine der zentralen Forderungen der ISO 9001. Deswegen müssen nach Maßgabe der ISO 9001 bereits bei der Entwicklung des QMS Risiken und Chancen identifiziert werden. Außerdem ist es zwingend nötig, bereits in diesem Stadium zu definieren, wie mit Chancen und Risiken umgegangen werden soll. Allerdings fordert die ISO kein formelles Risikomanagement. Trotzdem müssen Unternehmen ihre Chancen und Risiken definieren und dokumentieren. Dadurch sollen die Unternehmenslenker potenzielle Entwicklungen identifizieren, schneller darauf reagieren und somit die Firma zukunftsfest zu machen.

Risiko UND Chance

Risiken und Chancen sind vorhanden, wenn Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden. Das heißt, es ist heute noch nicht klar, welches Ereignis in Zukunft eintrifft. Die Investition in eine neue Maschine kann sich etwa in der Zukunft amortisieren, muss es aber nicht. Vielleicht war der Kauf der Maschine schlussendlich doch eine Fehlentscheidung. Das ist das Risiko bei dieser Investition. Allerdings rechnet der Unternehmer nicht mit diesem Scheitern, wenn er sich entschließt, diese Maschine zu kaufen. Seiner Einschätzung nach wird sich die Investition amortisieren und wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Hieran sieht man: Eine Entscheidung unter Unsicherheit birgt immer beides: Risiko und Chance. Das Risiko des Scheiterns und die Chance des Erfolgs. Zwei Seiten einer Medaille, untrennbar verbunden. Man kann die Vorgaben der ISO 9001 auch als Aufforderung ansehen, sich diese Doppeldeutigkeit vor Augen zu führen. Häufig werden die Vorschriften nur einseitig betrachtet, sich nur darauf fokussiert, dass Entscheidungen unter Unsicherheit Risiko bergen. Und es wird vergessen, wie viele Chancen sie bieten.

Systematische Entscheidungen unter Unsicherheit

Manche Unternehmen gehen mit Entscheidungen unter Unsicherheit systematisch und professionell um. Sie skizzieren vor jeder wichtigen Entscheidung, welche Ergebnisse theoretisch in der Zukunft auftreten können. Der Kauf der Maschine kann sich etwa künftig als Erfolg erweisen. Die Maschine spielt nicht nur ihre Investitionskosten wieder ein, sondern erweist sich als hochrentable Investition (Möglichkeit 1). Allerdings kann sich der Kauf auch als Fehlentscheidung erweisen, die Investitionskosten werden nicht wieder verdient (Möglichkeit 2). Und dann existiert noch theoretisch die Option, dass die Maschine ihre Investitionskosten exakt wieder einspielt (Möglichkeit 3).

Diesen möglichen Ergebnissen in der ungewissen Zukunft kann man jetzt jeweils eine Eintrittswahrscheinlichkeit zuordnen. Mit 70 Prozent Wahrscheinlichkeit wird sich die Investition in die Maschine auszahlen, kalkuliert etwa das Unternehmen. Zu 20 Prozent könnte die Investition fehlschlagen, so die Schätzung der Manager. Und mit 10 Prozent Wahrscheinlichkeit spielt die Maschine ihre Investitionskosten gerade wieder ein. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten können auf unterschiedliche Art und Weise geschätzt werden. Erfahrungen der Vergangenheit können hier einfließen oder eine detaillierte Analyse des Wettbewerbs und der Kundenwünsche. Die Manager des Unternehmens können nun auf Basis dieser Informationen ihre Entscheidung treffen. Ihre Einstellung zum Umgang mit Risiko und Chance fließen hierbei wesentlich ein.

Beispiele für Chancen in der ISO 9001

Der Abschnitt 0.3.3 der ISO 9001 listet Beispiele auf, was unter Chancen zu verstehen ist:

  • Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen
  • Kundengewinnung
  • Verbesserung der Produktivität
  • Reduzierung von Ausschuss oder Abfall

Auch in den Erläuterungen zu Abschnitt 6.1.2 ist aufgeführt, was eine Chance darstellen kann:

  • Markteinführung neuer Produkte
  • Eintritt in neue Märkte
  • Einsatz innovativer Techniken
  • Übernahme neuer Praktiken

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